5 Minuten

Bewusst­heit bedeu­tet für mich, dass ich mir des Ein­flus­ses unbe­wuss­ter Vor­gän­ge auf mei­ne bewuss­ten Erfah­run­gen bewusst bin, mir bewusst bin, dass sie nicht die Wirk­lich­keit sind und mich durch das bewuss­te Rich­ten mei­ner Auf­merk­sam­keit auf mei­ne Sin­nes­wahr­neh­mun­gen, Gedan­ken und Gefüh­le, im Erfah­ren mei­nes Selbst als ihr Beob­ach­ter, der Wirk­lich­keit in den Gren­zen mei­nes Mensch­seins immer wei­ter annähere.

Wenn wir etwas neu ler­nen, Lau­fen, eine Spra­che, ein Instru­ment, Fahr­rad oder Auto fah­ren, dann ist das für uns zunächst ver­hält­nis­mä­ßig müh­sam. Bestimm­te Bewe­gungs­ab­läu­fe, Gedan­ken oder Lau­te müs­sen wir immer und immer wie­der wie­der­ho­len. Nach­dem wir lan­ge genug geübt haben, brau­chen wir die­se Abläu­fe nicht mehr bewusst und Schritt für Schritt aus­zu­füh­ren. Unser Unter­be­wusst­sein über­nimmt und zuvor kom­pli­zier­te Abläu­fe lau­fen wie von selbst. Ich erfah­re noch bewusst, dass ich einen Text lese, aber das Ent­schlüs­seln der Buch­sta­ben­kom­bi­na­tio­nen, die für mich einst gar kei­ne Bedeu­tung hat­ten, geschieht in mei­nem Unter­be­wusst­sein – ich bekom­me es nor­ma­ler­wei­se nicht mehr bewusst mit.

Grund­sätz­lich sind unbe­wuss­te Vor­gän­ge also durch­aus sinn­voll. Sie erleich­tern unser Leben, indem kom­ple­xe und anstren­gen­de Vor­gän­ge für uns ein­fa­cher, leich­ter und effi­zi­en­ter werden.

Ähn­lich ist es mit unse­rer Wahr­neh­mung, dem Deu­ten unse­rer Erfah­run­gen und den dar­aus her­vor­ge­hen­den Hand­lun­gen. Wir ent­wi­ckeln im Lau­fe unse­res Lebens Auto­ma­tis­men die unse­re Wahr­neh­mung fil­tern, sie deu­ten und uns in auto­ma­ti­schen Mus­tern han­deln lassen.

Die Pro­zes­se unse­rer Wahr­neh­mung, deren Deu­tung und der dar­auf basie­ren­den Hand­lun­gen sind jedoch sehr viel tief­grün­di­ger und fol­gen­rei­cher. Sie for­men in jedem Moment unse­re erleb­te Wirk­lich­keit, bestim­men wie wir uns selbst und unse­re Mit­welt erfah­ren. Und sie basie­ren auf Pro­gram­mie­run­gen aus unse­rer Ver­gan­gen­heit, deren wir uns heu­te meist nicht bewusst sind. Wir erle­ben durch sie das Hier und Jetzt durch unter­schied­li­che Bril­len unse­rer Ver­gan­gen­heit – ohne dass uns das bewusst ist. Dar­über hin­aus ist unse­re Wahr­neh­mung und deren Deu­tung ein kom­ple­xer Pro­zess, des­sen Ergeb­nis und unser Ein­fluss dar­auf sehr davon abhän­gen, wie bewusst wir uns der in uns ablau­fen­den Bewusst­seins­pro­zes­se sind.

Hin­ter dem Erfah­rungs­fluss, den wir in jedem Moment bewusst wahr­neh­men, steckt eine Viel­zahl unbe­wuss­ter Vor­gän­ge, Erin­ne­run­gen, Bewer­tun­gen, Urtei­le, Gefüh­le, Erwar­tun­gen, Täu­schun­gen und Irrtümer.

Bewusst­heit bedeu­tet für mich, dass ich die Sin­nes­wahr­neh­mun­gen, Gedan­ken und Gefüh­le die­ses Erfah­rungs­flus­ses nicht nur bewusst wahr­neh­me, son­dern auch, dass ich mir des­sen bewusst bin, dass sie kei­ne Tat­sa­chen sind, son­dern eben Sin­nes­wahr­neh­mun­gen, Gedan­ken und Gefüh­le, die sich gegen­sei­tig beein­flus­sen, durch alte, auch unbe­wuss­te Erfah­run­gen, Gedan­ken und Gefüh­le beein­flusst wer­den und zusam­men ein Bild der Wirk­lich­keit for­men, das sub­jek­tiv und ein­ge­schränkt ist – und nicht die Wirk­lich­keit selbst.

Der Schlüs­sel zu unse­rer Bewusst­heit ist unse­re Auf­merk­sam­keit. Wenn wir unse­re Auf­merk­sam­keit beob­ach­tend und anneh­mend auf unse­re Sin­nes­ein­drü­cke, unse­re kör­per­li­chen Emp­fin­dun­gen, unse­re Gedan­ken und unse­re Hand­lun­gen rich­ten, neh­men wir bewuss­ter wahr, erle­ben und han­deln wir bewusster.

Es ist fas­zi­nie­rend, wie wenig wir von unse­ren inne­ren Vor­gän­gen mit­be­kom­men kön­nen. Und wenn ande­re andeu­ten, dass wir mit uns selbst, unse­ren Gefüh­len, Gedan­ken und Bedürf­nis­sen nicht bewusst in Kon­takt sind, wer­den wir viel­leicht sogar ärger­lich: wie kann jemand sich ein­bil­den, mehr über die­se inne­ren Vor­gän­ge zu wis­sen, als ich selbst, der sie doch als ein­zi­ger erlebt und ihnen am nächs­ten ist? Natür­lich soll­ten wir sol­che Impul­se von außen nicht ohne eige­ne Über­prü­fung ein­fach über­neh­men, aber sie kön­nen uns hel­fen, auf etwas auf­merk­sam zu wer­den, was sich uns selbst oft ver­birgt, wenn wir nicht bewusst danach schau­en. Beson­ders in Ver­bin­dung mit inten­si­ven, erleb­ten oder ver­dräng­ten Emo­tio­nen und bewuss­ten und unbe­wuss­ten Gedan­ken, mit denen wir uns iden­ti­fi­zie­ren, kön­nen wir sehr davon über­zeugt sein, etwas als Wirk­lich­keit zu erfah­ren, was sich in ruhi­ge­ren, kla­re­ren Momen­ten als Film her­aus­stellt, der in uns abge­lau­fen ist, weil wir uns in unse­ren Gedan­ken und Gefüh­len ver­lo­ren haben, ohne dass uns das bewusst war.

Tat­säch­lich wer­den uns eini­ge unse­rer Bewusst­seins­pro­zes­se ent­ge­hen und zu ver­fälsch­ten Wahr­neh­mun­gen, Deu­tun­gen und dar­auf auf­bau­en­den unbe­wuss­ten Hand­lun­gen füh­ren, wenn wir nicht gelernt haben, sie bewusst wahr­zu­neh­men. Meist ler­nen wir, uns eher nach außen zu ori­en­tie­ren (und damit auf das End­pro­dukt, den fer­ti­gen Erfah­rungs­fluss) und kaum, Gefüh­le von Gedan­ken zu unter­schei­den, Ver­ant­wor­tung für sie zu über­neh­men und sie anzu­neh­men wie sie sind, kla­re Beob­ach­tun­gen zu machen, uns nicht mit unse­ren Gedan­ken zu iden­ti­fi­zie­ren und sie bewusst zu wäh­len, und damit die Wirk­lich­keit weni­ger ver­fälscht wahr­zu­neh­men. Außer­dem waren vie­le Deu­tun­gen unse­rer Ver­gan­gen­heit – auf denen unse­re heu­ti­gen Deu­tun­gen und unser heu­ti­ges Erle­ben grün­den – Irr­tü­mer oder haben sich den Ver­än­de­run­gen unse­res Lebens nicht ange­passt und behin­dern uns heu­te, statt uns zu unterstützen.

Um unse­re Bewusst­heit zu ent­wi­ckeln, ist es also wich­tig, uns unse­rer inne­ren Bewusst­seins­pro­zes­se bewusst zu wer­den. Dies geschieht, indem wir bewusst unse­re Auf­merk­sam­keit nach innen len­ken und bei den Phä­no­me­nen ver­wei­len las­sen, die wir wahr­neh­men. Die­se sind Sin­nes­ein­drü­cke, die wir über unse­re Sin­ne erfah­ren, Gedan­ken, die die­se Ein­drü­cke deu­ten und Gefüh­le, die durch die­se Deu­tun­gen aus­ge­löst wer­den, je nach­dem wie unse­re Bedürf­nis­se durch sie erfüllt oder nicht erfüllt wer­den. Dabei beein­flus­sen sich Gedan­ken, Bedürf­nis­se und Gefüh­le gegen­sei­tig und wir bekom­men bewusst oft erst das Ergeb­nis einer län­ge­ren Ket­te von Deu­tun­gen und Gefüh­len mit.

So löst eine Kri­tik unse­res Gegen­übers bei uns viel­leicht einen Schmerz aus, weil sie unser eige­nes Urteil über uns zu bestä­ti­gen scheint, dass wir so, wie wir sind, nicht lie­bens­wert sind. Da wir uns die­ses eige­nen Urteils aber nicht bewusst sind und der Schmerz zeit­gleich mit der äuße­ren Kri­tik auf­tritt und damit die Ursa­che im Außen zu lie­gen scheint, sagen unse­re Gedan­ken, dass unser Gegen­über unver­schämt ist. Wir sind mit ihe­nen iden­ti­fi­ziert und fol­gen ihnen, statt unser eige­nes Urteil über uns selbst los­zu­las­sen. Wir wären wütend auf unser Gegen­über, wenn wir nicht außer­dem die unbe­wuss­te Über­zeu­gung hät­ten, dass unse­re Wut gefähr­lich und nicht rich­tig ist, sie in uns Angst aus­löst und wir uns des­halb statt­des­sen zurück­zie­hen in für uns und unser Gegen­über weni­ger gefähr­li­che Trau­er, indem wir den­ken, dass uns nie­mand mag. Was sich wie­der ein­mal bestä­tigt zu haben scheint.

Ohne die Über­zeu­gung, dass unse­re Wut zer­stö­re­risch ist und unse­re Angst davor, hät­ten wir unse­rem Gegen­über viel­leicht ent­geg­net, dass wir es leid sind, immer nur Kri­tik zu hören und nicht auch ein­mal Bestä­ti­gung. Ohne unse­re Vor­stel­lung, dass wir erst bestimm­te Leis­tun­gen erbrin­gen und bestimm­te Eigen­schaf­ten haben müs­sen, um Lie­be und Annah­me zu erfah­ren, könn­ten wir die Kri­tik viel­leicht unab­hän­gig unse­res Selbst­wer­tes als Berei­che­rung und Chan­ce zur Wei­ter­ent­wick­lung hören und viel­leicht sogar Dank­bar­keit dafür emp­fin­den oder sie aber auch als nicht zutref­fend abha­ken, ohne dass wir auf uns oder unser Gegen­über ärger­lich sind. Viel­leicht könn­ten wir hin­ter der Kri­tik, ob zutref­fend oder nicht, auch uner­füll­te Bedürf­nis­se unse­res Gegen­übers hören, und unse­rem Gegen­über aus unse­rem Selbst­ver­trau­en und unse­rer Empa­thie her­aus dabei hel­fen, sie zu erfül­len und den Man­gel in Zukunft viel­leicht anders aus­zu­drü­cken… und so fort.

Mit Hil­fe unse­rer Auf­merk­sam­keit kom­men wir der ursprüng­li­chen Ant­wort in uns auf Ereig­nis­se immer näher und immer mehr im Hier und jetzt an, statt in unse­rer Ver­gan­gen­heit zu leben. Nach und nach ler­nen wir inne zu hal­ten und mit den auf­tau­chen­den unan­ge­neh­men kör­per­li­chen Emp­fin­dun­gen anneh­mend in Kon­takt zu sein, ohne in den von ihnen aus­ge­lös­ten, auto­ma­tisch ablau­fen­den Mus­tern gefan­gen zu sein. Wir ler­nen, uns unse­rer eige­nen Urtei­le bewusst zu wer­den und sie wie alle unse­re Gedan­ken zu beob­ach­ten, um bewusst zu erfah­ren, wie unser Glau­be an sie unse­re Wirk­lich­keit formt und in uns Gefüh­le aus­löst. Wir ler­nen selbst zu wäh­len, wel­chen Gedan­ken wir fol­gen und wel­chen nicht.

Wir ler­nen, die Bedürf­nis­se hin­ter unse­ren Gedan­ken, Gefüh­len und Hand­lun­gen zu erken­nen und wie vie­le Mög­lich­kei­ten wir haben, sie zu erfül­len. Und wir ler­nen, gedan­ken­frei­en Raum nicht mehr als unan­ge­nehm zu erle­ben, son­dern als Tor zu unse­rem bewuss­ten Selbst, zu bedin­gungs­lo­sem Frie­den, Leben­dig­keit und Liebe.

Was bedeu­tet „Bewusst­heit” und wie kön­nen wir sie entwickeln?
Teilen oder unterstützen?

Begleitung

Lebensberatung & Coaching

Unser Leben und unsere Mitwelt sind reich an Herausforderungen.

Ich begleite dich auf deinem Weg und unterstütze dich auf vielfältige Weise dabei, die inneren Voraussetzungen für Frieden, Lebendigkeit, Sicherheit und Fülle in deinem Leben und deiner Mitwelt zu schaffen.

Ich schaffe für dich einen sicheren Raum, in dem du Aufmerksamkeit, Annahme, Empathie, Mitgefühl und Verständnis erfahren kannst und unterstütze dich dabei, bewusst, achtsam und mitfühlend mit deinen Sinneswahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen und Bedürfnissen in Kontakt zu sein, Klarheit zu gewinnen und die für dich stimmigen und sinnvollen Schritte zu gehen.

Begleitung, Lebensberatung & Coaching »

Beiträge mit gleichen Schlagwörtern finden:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen